Wenn Rüssel sich kreuzen…

…haben sich entweder zwei Elefanten ganz doll lieb oder der ungläubige Betrachter starrt auf die Rückseite einer Warnweste, die ein Helfer des RüsselCross-Duathlons trägt.

 

RüsselCross-Logo

 

 

 

Nehmen wir einmal an, Indien oder Afrika haben sich nicht gerade unter unsere Füße verirrt und der nächste Zoo sei in Frankfurt. Also keine Elefanten in Sicht. Elfenbeinarme Zone. Alle Porzellanläden in Sicherheit. Selbst Hannibal ist nicht gerade unterwegs, um nach den Alpen als ebenbürdige Herausforderung den Rüsselsheimer Rodelberg zu überqueren.
Die des Rätselns müden Augen sind vom leuchtenden Orange der Warnweste geblendet und suchen nun Erholung in den herbstlichen Farben des Königstädter Waldes. Dort finden wir uns an einem kühlen Samstagmorgen im November an der Helen-Keller-Schule stehend wieder, um die sechste Auflage des von den TG-Triathleten veranstalteten Lauf-Rad-Lauf-Wettbewerbes zu begleiten. 63 fleißige Mitglieder dieser Abteilung und deren Unterstützer sind Stunden vor dem mittäglichen Start im Einsatz, um das Gelingen eines wunderbaren Rennens sicherzustellen. Zeit ist gerade in der Vorphase ein sehr dehnbarer Parameter, laut Aussage des Organisationsleiters Bodo Wolf begann die eigentliche Vorbereitung des Wettkampfes direkt nach dem letztjährigen RüsselCross. Sponsoren müssen begeistert, die Ämter der Stadt für Forst, Ordnung und Schulen von der vorgabengemäßen Planung dieser Veranstaltung überzeugt und letzte Verbesserungen auf dem Weg zur Perfektion eingearbeitet werden.

 

RüsselCross 2009 - Start

 

Für die Helfer außerhalb des Orga-Teams beginnt der Dienst am Wettkampf am Vorabend der Veranstaltung. Während am Teich hinter den Werkstätten für Behinderte die Gänse langsam zur Ruhe kommen, durchbricht metallisches Geklapper die früh hereingebrochene Dunkelheit. Wechselzonenchef Bernd Burow schwingt sich mit angestrengtem Gesicht aus dem Führerhaus des Lkw’s und landet mit altersgemäßer Behendigkeit auf dem Asphalt, um ohne Umschweife die hydraulische Hebebühne herabzulassen. Ein Lächeln wird sich an diesem Abend von seinen Mundwinkeln fernhalten. Dieses Jahr sollten die Fahrräder und Laufschuhe der Duathleten den Sportplatz neben der Helen-Keller-Schule zieren, um den Bauarbeiten an den benachbarten Werkstätten auszuweichen. Moosbewuchs und die Niederschläge der vorherigen Tage hatten aber dem Hartgummi-Belag die Qualität einer Schlittschuhbahn verliehen. Wer die ebenfalls für den Wettkampftag angeheuerten Sanitäter des Deutschen Roten Kreuzes zur Vollbeschäftigung führen wollte, hätte mit diesem Platz seine wahre Freude. Bernd Burow, der vor Härte in  Wettkampfbedingungen genauso wenig wie vor Härte in seinen Sprunggelenken zurückschreckt, möchte aber wie alle anderen Unterstützer jeden einzelnen Wettkämpfer unversehrt ins Ziel bringen. Wenige Telefonate und drei ergraute Haare später war dieses Problem gelöst und die gesteckten Metallrohre, an denen die Wettkampfräder aufgehängt werden konnten, wanderten wie ein Transformer Richtung Werkstätten, um dort von vielen Händen ihre vorgesehene Form zu erlangen. Dem Lärm entfliehend zieht ein Lichtschein aus den Türen der Schulsporthalle die Aufmerksamkeit auf sich. Nähertretend und die Tür durchschreitend offenbart sich auch hier ein emsiges Treiben. Zum Schutz des Turnhallenbodens werden Bahnen ausgelegt und verklebt, die sonst eine Karriere als Kartonverpackung angestrebt hätten. Wer wissen möchte, wie sich ein natürtrüber Apfelsaft im Tetra-Pak fühlt, sollte nächstes Jahr zum RüsselCross-Duathlon kommen. Überhaupt ist Verpflegung von Helfern und Teilnehmern ein aufwendiges Unterfangen. Was sonst die Verfolgbarkeit des Kaufes von Utensilien für terroristische Anschläge erschweren soll, wird auch im Vorfeld des Wettkampftages praktiziert – aber eher aus der Not geboren. 

 

RüsselCross 2009 - Run RüsselCross 2009 - Bike 

 

 

Versorgungsbeauftragter Markus Bahrke ist es schon gewohnt, in die hintersten Regalecken der örtlichen Supermärkte zu kriechen, um auch noch die letzte Suppenkonserve zu erwischen. Nach der Verteilung des Einkaufes auf drei Supermärkte, die ihren Disponenten eine unerklärliche Beliebtheit von Bananen, Orangen und Nudelsuppe berichten müssen, wird Markus Bahrke auf die Frage hin, ob vielleicht irgendwo noch mehr Suppe zu finden sei, an der Kasse ausgelacht.
Als ob dieses Erlebnis nicht schon ausreicht, bekommt Markus Bahrke am Morgen des Duathlons erstmal eine geschmiert. Eine Brötchenhälfte streckt sich ihm aus der Hand eines routinierten Küchenhelfers entgegen. Die gemeldeten 300 Starter und die vielen Helfer wollen versorgt sein. Ein wahrer Triathlon im Schneiden-Schmieren-Belegen. Außer mit Brötchen füllen sich die Klapptische in der Turnhalle langsam mit  den 40 selbstgebackenen Kuchen und die Hallenluft mit dem Duft von Unmengen an Kaffee. Einige Klapptische weiter ist Daniela Schmuderer damit beschäftigt, die letzten Tüten mit Startunterlagen zu kontrollieren. Die Ausgabe der Informationen, der Startnummern, der Zeitnahmechips und einiger Sponsorengaben muß später verzögerungsfrei funktionieren. Wenn in einigen Stunden die ersten Starter an den Klapptischen stehen, wird ein weiteres Mal die Unverträglichkeit von Adrenalin mit Geduld bestätigt. Davon äußerlich unbeeindruckt stimmt der Zeitnahmeleiter Klaus Kaucher den Bedarf an elektrischen Verbindungen zum Zieleinlauf mit dem „Mädchen für Alles“ Ralf Schmuderer ab.
Nicht weit entfernt umringt ein Kreis warm bekleideter TG Triathleten den mit ruhiger Stimme instruierenden Streckenchef Jörg Rendel.

 

 

 RüsselCross 2009 - Wechselzone  RüsselCross 2009 - Wechselzone

 

500 Liter Kleintierstreu und hunderte Meter Absperrband sollen so im Wald verteilt werden, dass eine Laufrunde von 2,5 km und eine Radstrecke von etwa 9 km auch unter durch Sauerstoffmangel verengtem Sehfeld nachverfolgbar werden. Die Modellierung von Pfeilen aus Sägespäne in alle möglichen Richtungen gehört mittlerweile zur routinierten Kunstfertigkeit. Neben Vorwegweisern und Sperrflächen wurden dieses Jahr zum ersten Mal Ausrufezeichen gesichtet. War hier ein übermütiger Anhänger oftmals vernachlässigter Interpunktion am Werk? Die Streckenbesichtigung ließ keinen Zweifel aufkommen: Waldarbeiter hatten mit ihrem schweren Gerät bei der Präparation der Piste ganze Arbeit geleistet. Die Kommentare der Teilnehmer deckten über Religiöses, Blasphemisches bis zu Freudenschreien das gesamte Spektrum der Meinungen über die Strecke ab. Die jauchzenden Rufe kamen allerdings aus Kehlen, um die sich ein Trikot mit aufgedruckten Wildschweinen schloss. Diese Erlebnisse sind lediglich den Streckenposten vorbehalten, die zahlreich und lautstark anfeuernd markante Wegpunkte absichern und richtungsweisend tätig sind. Lange vor diesem Einsatz  werden die nicht benötigten Meter Absperrband zur Helen-Keller-Schule zurückgebracht. Eine kurze Stärkung mit Kaffee und Brötchen später steht auch schon der erste Teilnehmer des Tages in der Turnhalle. Die Zeit des Rennens rückt näher. Die Vorbereitung hat ein Ende gefunden. Eine Stunde und vier Minuten nach dem Startschuß sind die 5 Kilometer Laufen, 20 Kilometer Radfahren und 2,5 Kilometer Laufen durch den Sieger überwunden. Dieser denkt im Moment sicherlich nicht daran, dass seiner Tat noch viele Stunden des Aufräumens und Säuberns folgen werden. In der Nähe des noch schwer atmenden Athleten erschreckt ein Trompetenlaut. Ralf Schmuderer hat sich die Nase geschneutzt. Die Rüssel auf der Warnweste bleiben still.

 

 

RüsselCross 2009 - Impressionen

 

 

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