Auf den Spuren der Gebrüder Grimm; oder…

 

… Dein Schamgefühl lässt Du besser zu Hause

 

Eigentlich fangen Märchen ja immer mit „Es war einmal“ an – was ich hier erzähle ist aber kein Märchen, sondern die bittere Wahrheit:

 

Am Freitag, 08. Juni 2007 fiel um 17.30 Uhr in Hanau auf dem Marktplatz der Startschuss zum 23. Brüder Grimm-Lauf und Uwe M., Ralph E., Simone J. (das bin ich) haben sich zusammen mit 500 Läufern auf den Weg nach Steinau an der Straße gemacht.

Diese erste „Rotkäppchen-Etappe“ war mit 15 km angegeben und tatsächlich sprang da auch eine verkleidete Märchenfigur auf dem Marktplatz herum – nur um alles in der Welt: „seit wann hat denn Rotkäppchen einen Pelz?“. Oder war das jetzt doch die Schneewittchen-Etappe? Und wer lag noch gleich im Glassarg und bekam von der bösen Stiefmutter einen vergifteten Apfel untergejubelt?

Nachdem Uwe und ich die Märchenverwirrung dank der Hilfe einer Einheimischen aufklären konnten, sind wir dann auch zum Start gegangen.

„Pah, die 15 km sitz ich heut noch auf der linken Pobacke ab“ dachte ich mir und hatte mir bei schönstem Wetter noch ein Eis genehmigt (schließlich waren ja noch zwei Stunden Zeit bis zum Start!!).

Wahrscheinlich lag es daran, dass die Strecke einen halben Kilometer länger war (Uwe hatte mich dankenswerter Weise noch über die letzten Kilometer „gezerrt“), dass ich unterwegs fürchterliche Magenkrämpfe bekam und mich sofort wieder des Eises entledigen musste – das kostete natürlich Zeit, macht aber nix, denn schließlich war ich ja mit dem Ziel an den Start gegangen, die Atmosphäre eines Etappenlaufes zu schnuppern – da spielen Zeiten keine Rolle und Platzierungen schon mal gar nicht!

Im Ziel angekommen, hieß es dann erstmal Taschen suchen (das Gepäck war in vier langen Reihen in der Sporthalle von Niederrodenbach aufgereiht) und unter die Dusche. Ich musste dann feststellen, dass da wo „D“ draufsteht, nicht unbedingt auch „D“ drin ist – geduscht wird bei den Märchenläufern nämlich gemischt und das Schamgefühl muss ausgeschaltet werden – andernfalls müsste ich mich ob meines Gestankes schämen!

Während Ralph lieber zwischen zu Hause und den Etappenorten pendelte, haben sich Uwe und ich das ganze Programm gegeben auch in der Sporthalle übernachtet.

Hätten wir mal lieber – aber nein, vom wunderschönen Sternenhimmel gelockt, schlugen wir unser Nachtlager auf dem Rasenplatz des Vereines auf – erschöpft aber sanft sind wir entschlummert.

 

Nicht so sanft war das Aufwachen, als nämlich unweit von unserem Schlafplatz die nächtliche Rasenbesprenkelung einsetzte war Sackhüpfen angesagt!!

Es wurde Samstag und die erste „Bergetappe“ stand auf dem Programm. Dornröschen (oder war es doch Schneewittchen??) schickte uns um 9.30 Uhr auf die 13 km lange Etappe nach Hasselroth. Bei Kilometer 11 hab ich vor mir eine Frau entdeckt und mir gedacht: „die schnapp ich mir noch – es sind ja nur noch 2 Kilometer!“ Bei Kilometer 13 hatte ich zwar die gesichtete und noch eine weitere Frau überholt, nur leider war immer noch kein Ziel in Sicht! Blankes Entsetzen machte sich breit….ein kleines Mädchen an der Strecke meinte dann noch zu allem Überfluss: „es ist höchstens noch ein Kilometer….“ Sie konnte natürlich nicht ahnen, WAS sie da gerade gesagt hatte – ich japste nur ein entsetztes: „WAS???“ und sammelte noch mal all meine Kräfte in der Hoffnung nicht von den gerade überholten Frauen dann doch wieder überspurtet zu werden und wie in jedem Märchen gab’s auch hier ein Happy End und ich rannte als zweite Frau ins Ziel.

Der weiteste Weg lohnte sich auch zu einem grandiosen Kuchenbuffet 🙂 Da wurden sich die Wänste vollgeschlagen, um Kraft für den Nachmittäglichen Schneewittchen-Lauf (das war glaub’ ich die mit den sieben Zwergen!?) zu sammeln. Noch ein Nickerchen und um 16.30 Uhr fiel dann der Startschuss – Uwe hatte vorher noch ne Autogrammstunde gegeben! Gelnhausen war das Ziel und nach dem guten Lauf am Morgen konnte ich noch ein Pfündchen drauflegen und bin zusammen mit Phillip, einem Triathlet in knappem Einteiler, über die Hügel gerannt und diesmal reichte es auch für den ersten Platz (zumindest für diese Etappe).

Übrigens: Die Strecke war mit 17,5 km angegeben, tatsächlich war sie 16 km lang – die Kilometerangaben waren nicht wirklich ernst zu nehmen!!

Anmerkung: Unschwer ist an dieser Stelle des Berichtes zu erkennen, wie sich das Prinzip „Platzierungen spielen üüüüberhaupt keine Rolle“ plötzlich wandelt – Simone war „angefixt“!!!

Abends ging’s dann noch zur gemeinsamen Pasta-Schlacht (und ein Eis zum Nachtisch konnten sich Uwe und ich dann wiedermal nicht verkneifen) und ab in die Miefkiste (diesmal unter dem Hallendach). So’n bisschen aufgeregt war ich dann schon, denn die erfahrenen Brüder-Grimm-Läufer hatten tagsüber die wildesten Geschichten über die vierte Etappe erzählt (kein flaches Stück, steile Steigung, steiles Gefälle, usw. usf.)…..das hörte sich nach einer ziemlichen Herausforderung an.

 

Viel zu früh bin ich dann vor lauter Aufregung aufgewacht, habe Uwe (bekanntester Frühaufsteher des Vereins) geweckt, um dann auch viel zu früh zum Frühstück zu erscheinen. Eine freundliche ältere Dame hat uns dann erstmal das Pony zurückgefönt, was wir denn schon so früh zum Frühstück kommen?! – Genau das, was ich an einem Sonntagmorgen brauche!!

Ralph war gerade dabei, den Fanclub der Simone zu gründen, da schüttelte Frau Holle ihre letzte Schneeflocke aus dem Kissen und um 9.00 Uhr ging es los auf die ca. 17,5 km lange Etappe.

Und die hatte es echt in sich – erstmal ging’s den Berg hoch und dann den Berg wieder runter (hört sich einfach an, isses aber nicht) – für uns Rüsselsheimer, wo die höchste Erhebung die Autobahnbrücken sind, GENAU das richtige Terrain!! Doch Dank der regelmäßigen Trainingseinheiten mit einem in den Odenwald migrierten Vereinsmitgliedes gelang es mir, auch diesen Lauf als erste Frau in Wächtersbach zu beenden!!

In der Pause wurden wir alle mit Bussen nach Bad Orb gekarrt, dort gab’s dann auch Futter aus hundenapfähnlichen Gefäßen (war aber sehr lecker!!) und Zeit für ein ausgiebiges Dehnprogramm, damit die zu Stein erstarrten Muskeln wieder so’n bisschen bewegungsfreudiger werden!

Noch ne kleine Bemerkung am Rande:

Kennt Ihr Kalli Flach (e-Mail Adresse: kalli.radjada@t-online.de)?? Wie, Ihr kennt Kalli Radjada nicht! Marke: „Ich hab schon alles gemacht und sowieso schon alles gesehen“, erzählte er uns in der Mittagspause Geschichten aus seinem 69-jährigen Läuferleben und untermauerte jede mit einem bedeutungsschweren Nase hochziehen!! Superklasse!!

 

Ein kurzes Nickerchen war auch noch drin und ab zum Start der letzten Etappe…noch ein kurzer Blick auf die Ergebnislisten und…. 

…es war passiert – ich hatte mich in der Gesamtwertung auf Platz 2 vorgeschoben. Regina B. aus Salmünster, die Erstplatzierte, war uneinholbar, aber leider war ich nicht uneinholbar für die Dritte (die war nur 14 Sekunden hinter mir).

„Schon wieder so’n Stress“ dachte ich mir und stellte mich beim Start in die erste Reihe!

Hänsel und Gretel waren unsere Begleiter auf dieser letzten (ca. 18 km langen) Etappe. Um 15.30 Uhr ging’s los Richtung Steinau und meine Beine fühlten sich nicht wirklich nach Laufen an!

Die Drittplatzierte (Valerie K. aus Karlsruhe) hatte sich wohl auf den vorangegangenen Etappen ein bisschen übernommen, so dass ich zusammen mit Regina B. die letzten 11 km laufen konnte (gern hätte ich hier „entspannt“ geschrieben – damit hatte das aber wirklich nix mehr zu tun!!).

Hand in Hand sind wir dann ins Ziel eingelaufen……

……und wenn sie nicht gestorben sind, dann laufen sie noch heute!!

 

Insgesamt ist der Brüder-Grimm-Lauf eine superschöne Veranstaltung in familiärer Atmosphäre. Die Organisation (Verpflegung, Unterbringung, Gepäcktransport, …) vom Sportamt des Main-Kinzig-Kreises und von den örtlichen Sportvereinen ist liebevoll und so richtig was für’s Sportlerherz (und für den Sportlermagen ;-)). Bis auf die erste Etappe sind die Strecken sehr schön mit vielen Höhenmetern und führen größtenteils durch Wald. Die erste Etappe bildet da wirklich die absolute Ausnahme, sie ist flach (zum anwärmen ;-)) und führt leider über eine längere Strecke an einer Bundesstraße entlang, macht aber nix, dafür sind die nächsten Etappen umso schöner.

Gesamturteil: absolut empfehlenswert!

 

Ergebnisse unserer Gebrüder-Grimm-Läufer(in): hier klicken

 

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